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Elias



Während unserer Zeit in Chabalisa bewegten uns immer wieder die zahlreichen Einzelschicksale der Menschen, die wir kennenlernen durften. Leider ist aufgrund der widrigen Lebensumstände die Anzahl derer, die Hilfe benötigen, unglaublich hoch. So hoch, dass man zuerst lernen muss, damit umzugehen, nicht jedem helfen zu können. Es benötigt Zeit, diese Machtlosigkeit zu akzeptieren, vor allem wenn man täglich vor Ort mit den vielfachen Folgen der Armut konfrontiert wird. Wir konzentrieren uns daher auf Projekte, die möglichst viele Menschen zugleich erreichen. In Chabalisa unterstützen wir mit unserem Projekt speziell Familien mit körperlich und geistig erkrankten Kindern, die meist noch schlimmer von Armut, aber auch von Ausgrenzung, betroffen sind. Zudem können wir durch unsere Bauaktivitäten auch anderen Menschen neue Perspektiven bieten, da wir für Arbeit und einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Region sorgen.

Dennoch gibt es auch Geschichten und Lebensumstände, die uns besonders ergreifen und uns zum sofortigen Handeln bewegen. Nachfolgend möchten wir euch zwei wunderbare Menschen und ihre Geschichte vorstellen, denen wir dank eurer Unterstützung helfen konnten.


„Health is an Investment, not an Expense“


Wie alles begann:

Eine weitere Geschichte aus Chabalisa, die uns sehr bewegt hat, ist die von Elias. Elias lernten wir ebenfalls Anfang 2018 während unseres einjährigen Aufenthalts kennen.

Elias, damals 15 Jahre alt, kam regelmäßig nach Chabalisa, um seine tiefen und äußerst starken Wunden am linken Unterarm von den Ordensschwestern behandeln zu lassen. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel war es seiner Familie nicht möglich, einen Arzt aufzusuchen. In seiner Not und geplagt von starken Schmerzen legte er daher jeden zweiten Tag mehrere Kilometer zu Fuß zurück, um die Ordensschwestern in Chabalisa für die Wundversorgung aufzusuchen.


Obwohl sich die Ordensschwestern liebevoll um Elias kümmerten, konnte ihr Einsatz eine Behandlung durch einen ausgebildeten Facharzt natürlich nicht ersetzen. Die erwünschte Wundheilung blieb aus und Elias Schmerzen konnten nicht gelindert werden, nicht zuletzt da die Ordensschwestern nicht über die notwendigen Medikamente verfügten. Als wir zum ersten Mal Elias Unterarm zu sehen bekamen, war uns klar, dass die Entzündung stark fortgeschritten war und man den Jungen dringend in ein umliegendes Krankenhaus bringen müsste. Nach Absprache mit Sister Hyazintha, die Oberschwester von Chabalisa, hatten wir angeboten mit Elias ins nächstgelegene Krankenhaus zu fahren und auch für alle anfallenden Behandlungskosten aufzukommen. Für uns stand fest, dass Elias schnellstmöglich von seinen starken Schmerzen befreit werden musste. Den Ordensschwestern war es zuvor auch nicht möglich, für die Behandlungskosten in einem Krankenhaus aufzukommen.


...was wir gemeinsam erreichen konnten:

Zwei Tage später konnten wir schließlich gemeinsam mit Elias den Weg in ein Krankenhaus antreten. Der Arzt, den wir dort antrafen, hatte uns gleich ins Bezirkskrankenhaus überwiesen, da er den Ernst der Lage erkannte und seine kleine Krankenstation nicht die Ausstattung für die notwendige Behandlung besaß. Im Bezirkskrankenhaus wurde nach zahlreichen Untersuchungen die Diagnose Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung) gestellt. Es wurden Röntgenaufnahmen vom betroffenen Unterarm gemacht, um zu sehen, ob bereits der Knochen infiziert und geschädigt wurde.


In Tansania bedeutet ein stationärer Krankenhausaufenthalt nicht, dass man auch mit Essen und Getränken versorgt wird. So müssen die Angehörigen täglich die Erkrankten besuchen, um sie zu verpflegen. In zuvor geführten Gesprächen hatten wir von Sister Hyazintha erfahren, dass Elias Mutter die Familie verlassen hatte und seither nur der Vater für Elias und seine Geschwister verantwortlich ist. Leider ist auch bekannt, dass Elias Vater ein Alkoholproblem hat, sodass seine Kinder oftmals auf sich allein gestellt sind. Elias trat den Weg ins Krankenhaus mit uns allein an. Somit waren wir seit seiner Einweisung auch jeden Tag im Krankenhaus, um ihn zu besuchen, mit ihm auf die neusten Ergebnisse zu warten und ihn zu versorgen. Aufgrund der schlechten finanziellen Situation der Familie hatte Elias auch nur wenige persönliche Habseligkeiten, eigentlich hatte er nur das, was er schon die ganze Zeit getragen hatte. Wir entschieden uns daher für Elias neue Kleidung, Hygieneartikel, eine Waschschüssel, Besteck und Geschirr, Essen und Getränke und natürlich Süßigkeiten zu kaufen, um ihm den Aufenthalt so weit weg von Zuhause etwas zu erleichtern. Elias älterer Bruder kam noch am Tag von Elias Einweisung ins Krankenhaus, um ihm ebenfalls zur Seite zu stehen. Elias Vater war erst kurz vor seiner Entlassung aufgetaucht. Es war ihm jedoch deutlich anzusehen, dass er sich für die Zustände schämte. Er hätte gerne mehr für Elias getan und war sehr verzweifelt, als er von dem Arzt, über den Gesundheitszustand seines Sohnes aufgeklärt wurde.


Nach einer starken Antibiotikabehandlung in Form von Spritzen und Tabletten ging es Elias deutlich besser. Er fühlte sich das erste Mal nach langer Zeit schmerzfrei. Allerdings hatten die Untersuchungen ergeben, dass die Knochenmarkentzündung bereits chronisch ist, da seine ursprünglich entzündete Wunde zu lange unbehandelt geblieben war. Da die Entzündung sich bereits bis in den Unterarmknochen ausgebreitet hatte, erklärten uns die Ärzte, dass eine reine Behandlung mit Antibiotika nicht ausreichend sein würde. Sie rieten Elias zeitnah nach seiner Entlassung aus dem Bezirkskrankenhaus in ein noch größeres Krankenhaus in Kagondo zugehen, in dem ihm ausreichend geholfen werden könne. Diesen Rat befolgte Elias auch.


Da wir auf der Baustelle in Chabalisa noch sehr viel Arbeit zu erledigen hatten, wurde er von Sister Dina ins Krankenhaus nach Kagondo begleitet. Sie kümmerte sich während des gesamten stationären Aufenthalts um ihn. Seiner Familie war es aufgrund der Distanz nicht möglich nach Kagondo zu reisen. Es fehlte das Geld für den Transport und die Unterbringung über die gesamte Zeit.


Die Kosten für die notwendige Operation waren sehr hoch, sodass wir eigentlich nicht mehr in der Lage waren weiterhin privat dafür aufzukommen. Wir berichteten also unseren Familien und Freunden in Deutschland von der notwendigen Operation und Unterstützung ließ nicht lange auf sich warten. Der Papa von Felix konnte kurzfristig bei einem Jahresanfangskonzert seiner Band „The Scones“ einen unglaublich hohen Geldbetrag für die ausstehende Behandlung und Operation sammeln, sodass wir uns um die Finanzierung nicht mehr sorgen mussten. In einer Operation im Krankenhaus wurden schließlich die infizierten Teile des Knochens entfernt, sowie eine Drainage gelegt.


...die Geschichte nimmt ihren Lauf:

Die Operation verlief erfolgreich. Lange Zeit wurde befürchtet, dass der Krankheitsverlauf vor der Behandlung und die damit einhergehenden Knochenumlagerungsprozesse bereits so stark fortgeschritten waren, dass Elias leider nicht ohne Langzeitschädigungen davonkommen würde. Doch Elias ging es nach einigen Wochen wieder sehr gut. Er überraschte uns gemeinsam mit seiner gesamten Familie in Chabalisa und zeigte uns seine langsam verheilenden Operationsnarben. Elias Vater hatte uns an diesem Tag zahlreiche Feldfrüchte und sogar ein Huhn zum Dank mitgebracht. Er war äußerst glücklich, dass sein Sohn nun wieder in einer deutlich besseren gesundheitlichen Verfassung ist. Da sich jedoch aus einer akuten Knochenmarkentzündung eine chronische Knochenmarkentzündung entwickeln konnte, wird Elias vermutlich sein Leben lang immer wieder mit plötzlich auftretenden und schwerwiegenden Infektionen zu kämpfen haben, die stets eine schnelle und angemessene Behandlung mit Antibiotika erfordern.


Elias sehen wir seither bei all unseren Projektreisen wieder. Sein Gesundheitszustand hat sich bislang nicht mehr verschlechtert und die Narben auf seinem Unterarm sind gut verheilt. Elias, der sich zuvor immer wegen seiner Wunden am Unterarm geschämt hat und stets darum bemüht war, diese zu verstecken, ist nun deutlich unbeschwerter. Er lebt mittlerweile in der Nähe von Bukoba bei seiner Tante und geht dort wieder zur Schule. Da seine Schmerzen ihn monatelang von einem Schulbesuch abhielten, war es für Elias nicht mehr möglich, einen regulären Schulabschluss zu machen. Daher besucht er nun eine Schule für Jugendliche, die aufgrund vielfältiger Gründe erst jetzt ihren Grund- und weiterführenden Schulabschluss machen können. Move-ING hilft Elias bei der Finanzierung von notwendigem Schul- und Lernmaterial und der Schuluniformen. Wir haben zudem die Kosten für die Verpflegung in der Schule übernehmen können.

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